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Mixbecher:Darüber klar werden, was ich will – Marketing in der Kirche

Marketing und Kirche – das klingt für viele wie Batman und Joker. Bei Marketing geht es aber eigentlich um die eigene Botschaft, ihre Klarheit; letztlich um die Frage des "Warum und wozu gibt es Kirche eigentlich?!"; es strukturiert nur einen Weg, wie die Kirche ihre Aufgabe in der Welt sichtbar machen kann. Warum die Kirche Marketing braucht, warum der Hirte bei Instagram sein sollte bis hin zu praktischen Methoden – das lieferte der letzte Mixbecher und eine Empfehlung, wie Kirche klingen sollte.
Target - Mixbecher
Datum:
26. Jan. 2022

Tü dü dü di dü (Telekom-Jingle).

Was seht ihr? So ein Pink. Genau, das heißt Magenta. Großes T. Viereckige Punkte.

Mit welchem Jingle könnten wir bei Kirche denn einsteigen, damit alle das Gleiche sehen? Großer Gott, wir loben dich. – Danke für diesen guten Morgen. – Möge die Straße uns zusammenführen. – Jesus Christ, you are my life. Seht ihr was? So viele Bilder, so viele Zeichen.

Müssen wir was anders labeln? Würde das etwas ändern?

Beim Mixbecher am 13. Januar war der Austausch intensiv darüber mit jemandem, der Erfahrung hat, mindestens mit Jingles, mit Musik überhaupt, mit Labels und auch mit der Kirche. Joe Chialo ist Musikmanager und ManagingDirector bei Airforce1 Records im Kontext von Universal Music. Er produziert Künstler/innen aus den Charts und ist verantwortlich für Entdeckung von Künstler/innen aus dem afrikanischen Kontinent, die er mit seinem Label Afroforce 1 fördert.

„Braucht die Kirche eine/n Marketing-Beauftragte/n?“, ist der steile Einstieg. Das riecht für viele in Kirche nach verkaufen, nach zu modisch, nach sich verbiegen. Im folgenden Frage-Antwort-Spiel geht es schnell dahin, welche Bildsprache und Kanäle zu empfehlen sind. Das stellt Joe Chialo zurück: „Das wäre so, als wenn ich bei meinen Künstlern das Musikvideo produziere, bevor ich deren Botschaft und die Songs auf dem Album kenne.“

Doch Joe Chialo sieht den Bedarf nach einem/r Marketing-Beauftragten eindeutig: „Das, was ich das Tolle am Marketing finde, ist, dass ich mir darüber im Klaren werden muss, was ich will.“ „Wenn ich einen Künstler vermarkte, muss die Message zu seinen Songs passen. Nur dann wird ein Song ein Erfolg. Kein Künstler macht Musik nur für das Geld, die wollen alle etwas vermitteln.“

Das wird schnell ein springender Punkt im ganzen Mixbecher: Ist der Kirche ihre Botschaft eigentlich noch so klar? Die Teilnehmenden diskutieren lebendig. Eine Teilnehmerin schreibt, dass wir besonders die jungen Zielgruppen gar nicht kennen könnten. Ihr Sohn hätte als Kind spaßhaft Kinosessel und Popcorn in eine Kirche stellen wollen. Erst als Erwachsener würde er jetzt langsam wieder Kontakt zu kirchlicher Spiritualität suchen. Joe Chialo ist katholisch sozialisiert über seine Familie, die aus Tansania stammt, und seine Schule in Deutschland, wo er aufgewachsen ist. Mit der Band »Die Priester« hat er ein Projekt gestartet, das eine kirchlich konturierte Emotionalität und Klangästhetik neu präsentiert. Er ist davon überzeugt, dass die Kirche eine universelle Botschaft hat und alle erreichen könnte.

Jonas Zechner, Referent für Glaubenskommunikation, widerspricht: „Die Zielgruppe ‚alle‘ gibt es nicht. Wie die Kirche kommuniziert, muss handwerklich gut sein, auf die Zielgruppe und auf den Kanal abgestimmt.“ Im Mixbecher wird es nun praktisch und frisch aus der Studienwoche Glaubenskommunikation: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Berufseinführung in den pastoralen Dienst haben aus realen Problemstellungen (zum Beispiel: „Wie kann ich Junge Erwachsene zwischen 18 und 30 Jahren mit etwas erreichen, das ihnen gut tut?“) „Werkstücke“ entwickelt. Jonas Zechner, mit Dr. Christian Schröder gemeinsam verantwortlich für die Studienwoche, stellt den Prozess vor: Nach intensiver Auseinandersetzung mit ihrer Zielgruppe über die Persona-Methode, mit Inputs von Experten/innen, Storytelling und vielem mehr sind drei Dummies entstanden. Dummy bedeutet, dass etwas als Prüfaufbau gestaltet worden ist, ein unfertiges Produkt, das wesentliche Eigenschaften visualisiert und ein Testen des Produktes ermöglicht.

Dieser Prozess und auch die Ergebnisse seien der richtige Weg, findet Joe Chialo. Das hat viel mit Sprache zu tun, damit, die Bedürfnisse der Adressaten zu erkennen und über die gängigen sozialen Medien mit ihnen zu kommunizieren. Auch in der Musikbranche wäre es so, dass seine Künstler/innen sich mit den heutigen Medien eigentlich selbst vermarkten könnten. Seine Aufgabe habe sich in den letzten zwei Jahrzehnten dahin verändert, ihnen nun einen Raum zu eröffnen, in dem sie das tun und in die Kommunikation mit dem Markt kommen können. Analogien zu Kirche und ihrer Beziehung zu Glaubenden stechen ins Auge.

Zur Kommunikation gehört auch die Offenheit zur Auseinandersetzung. Joe Chialo: „Ist der Bischof – als Person – bei Instagram? Bei Facebook? Bei Tik Tok?“ Die Teilnehmenden verneinen jeweils. „Der muss da rein. Der Chef muss erreichbar sein von jedem, wenn er denn der Hirte ist. Das ist die Demokratisierung von Kommunikation. Der Bischof muss da mal mehr Gumba geben! Und er muss dabei Widerspruch im Diskurs aushalten ohne seinen Kompass zu zu verlieren.“

Es wird deutlich, welche Folgen die Behäbigkeit und Kompliziertheit einer Institution für die Kommunikation hat. Joe Chialo vergleicht die Kirche mit der CDU. Der Youtuber Rezo habe zweimal die CDU „zerstört“ und beide Male habe die Partei peinlich reagiert, lange überlegt, ob sie antwortet, und Antwortversuche unterbunden. Wenn mal einer beispielsweise beim Missbrauchsthema gegen die Kirche so prominent per YouTube ausgeholt hätte, wäre aus seiner Sicht der Kirche genau das gleiche Desaster passiert.

Einen Markentipp für Kirche gibt Joe Chialo dann doch ab. Als Musikmanager gefragt: Wie sollte Kirche klingen? Joe Chialo: „Kennt ihr Una Mattina von Ludovico Einaudi? Genau so sollte Kirche klingen.“