Zum Inhalt springen

Ist Aldi ein Ort von Kirche?

Einkaufswagen
Datum:
4. Juni 2021

Gemeinhin würde man vermutlich auf die Frage: “Was ist ein Ort von Kirche?“, so antworten: „Na die St. Anna Kirche am Annaplatz“ oder „Das Pfarrheim neben der Kirche!“ Vielleicht würde der eine noch die Katholische Kindertagesstätte St. Martin nennen. Eher selten wird man wohl die Antwort hören: „Das Gymnasium in der Soundso-Straße“ oder „Das Marienkrankenhaus, das ist doch katholisch…“ Und sehr wahrscheinlich würden die wenigsten der Befragten dieser Aussage zustimmen: „Bei Aldi an der Kasse!“

Die Basis-AG 2 „Orte von Kirche“ behauptet aber genau dies. Für die achtköpfige Arbeitsgruppe sind Orte von Kirche Plätze und Räume, in denen Begegnungen des Lebens stattfinden:

„Orte von Kirche zeichnen sich grundlegend durch die Begegnung und die Konfrontation von Existenz und Evangelium […] aus.“

Orte von Kirche sind nicht an kirchliche Gebäude gebunden. Vielleicht ist auch nicht jedes Pfarrheim, nicht jede Kapelle und schon gar nicht jede Kirche bis heute noch ein Ort von Kirche. Sie können es sein und werden, wenn sich dort Menschen begegnen und annehmen, mit dem was sie in diesem Moment einander anbieten können. Wie zum Beispiel die Kasse im Discounter, wenn sich dort Menschen begegnen und einander beschenken, weil sie sich ansehen, ein paar Worte wechseln und ihr Leben miteinander teilen. Das klingt zum einen banal, fordert aber zum anderen elementar heraus. Ein „Hallo“, „67,53 Euro bitte“ oder ein „Wiedersehen“ machen aus der Kassensituation noch keinen Ort von Kirche, aber dort finden manchmal durch eine Kleinigkeit des Einkaufs intensive Gespräche statt: über Leben und Tod, über den Verlust des Arbeitsplatzes oder über Krankheit.

Wenn Einzelne einander dann eine Deutung anbieten, mit der sie an diesem Ort nicht gerechnet haben, wird Gott erfahrbar. Und alle gehen im besten Fall beschenkt und gestärkt aus dieser Situation heraus.

„Daraus ergeben sich als weitere Faktoren für Orte von Kirche, dass sie eine dauerhafte Gelegenheit zu situativen (ggf. auch anonymen) Intensivkontakten in einer heterogenen Gemeinschaft auf Zeit bieten, mögliche Anonymität, Gastfreundschaft und der Verzicht auf religiöse Biographie-Prägemacht. Orte von Kirche bieten Räume für Menschen, ohne dass Kirche normativ bestimmen kann, was darin für Menschen genau passiert.”

Orte von Kirche sind dann vielfältiger, unterschiedlicher, verborgener und weniger offensichtlich. Orte von Kirche sind dann intensiver als wir sie manchmal in Erinnerung haben. Orte von Kirche dienen dann zuerst den Menschen und seiner Sehnsucht nach gelingendem Leben. Die Basis-AG 2 sieht, dass dazu ein Perspektivwechsel und ein Mentalitätswandel notwendig ist: Kirche ist nicht (mehr) dazu da, sich selbst zu erhalten. Kirche wird nur dann lebendig bleiben, wenn sie der Frage nachgeht: „Wozu und vor allem für wen bin ich da!“

Autorin: Katharina Veltmann, Handlungsfeldkoordinatorin