“Jetzt loslegen, wo es möglich ist!“ :Marie Vickus, Referentin für Klima- und Umweltschutz, im Gespräch
Der Beschluss des Synodalkreises und das Papier „Schöpfungsverantwortung als kirchlicher Auftrag - Handlungsempfehlungen zu Ökologie und nachhaltiger Entwicklung für die deutschen (Erz-)Diözesen“ der Deutschen Bischofskonferenz sind Grundlage ihrer Arbeit.
Ihr Arbeitsschwerpunkt liegt darin, konsequent die Zukunft in den Blick zu nehmen, das Gebäudemanagement bis 2040 klimaneutral zu gestalten und Kirchengemeinden dabei zu unterstützen, dieses ambitionierte Ziel zu erreichen. „80 bis 90 Prozent der kirchlichen Emissionen kommen aus dem Bereich der Gebäude“, erläutert Vickus. Deshalb setzt die Arbeit der gelernten Landschaftsökologin gezielt dort an; sowohl zentral im Bistum als auch in den Kirchengemeinden. Die Tätigkeit und der Austausch mit diversen Menschen darüber macht ihr viel Spaß. Und sie hat die Hoffnung, dass das Thema vor Ort noch stärker Berücksichtigung findet. „Es ist immer noch Luft nach oben!“
Warum ist es wichtig, das Thema anzugehen?
Klimaschutz und die Bewahrung der Schöpfung sind zentrale Anliegen des Bistums Aachen. Das Engagement in diesem Bereich ist wesentlich für zukunftsfähige Kirchengemeinden, für nachhaltige Orte des Glaubens, aber auch eine Quelle für gute Gemeinschaft. Wie jeder gesellschaftliche Player geht auch die katholische Kirche diese Ziele an und darf sich dabei nicht hinter anderen verstecken. „Wenn wir nicht handeln, werden die Bedingungen für Menschen, die vom Klimawandel betroffen sind, aber nicht selbst die Möglichkeit haben, etwas daran zu tun, schlimmer,“ betont die Referentin für Klima- und Umweltschutz des Bistums Aachen. „Gerade für die müssen wir verhindern, dass die Auswirkungen so extrem werden und deswegen unseren Teil zum Klimaschutz beitragen. Aber auch mit Blick auf die Finanzen in den Kirchengemeinden müssen wir etwas tun.“
Wie Energie sparen?
Als die Energiepreise extrem erhöht wurden, gab es besonders viel Beratungsbedarf zur Energieeinsparung aus Einrichtungen und Kirchengemeinden. Vickus Tipp: „Der erste Schritt ist immer, auf die eigenen Energieverbräuche zu schauen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wo man steht. Wie hoch sind sie eigentlich? Gibt es ungewöhnlich hohe Verbräuche bzw. wie hoch sind sie im Vergleich zu anderen? Wie kann Energie eingespart werden? Und von diesen Beobachtungen auszugehen und mit den Menschen vor Ort und der Unterstützung des Energiemanagements zu überlegen, an welchen Stellen man tiefer einsteigen müsste. Macht eine neue LED Beleuchtung Sinn? Werden Bildschirme nach Arbeitsende ausgeschaltet? Und wie kann die Energie, die trotzdem noch gebraucht wird, über erneuerbare Energien abgedeckt werden?
Warum jetzt bauliche Maßnahmen angehen?
Es stellt sich immer auch die Frage, warum man gerade jetzt bauliche Maßnahmen angehen sollte. Zum einen, um eine gute Versorgung zu gewährleisten und zum anderen, um den steigenden Energiekosten vorzubeugen. „Jetzt das zu nutzen, was möglich ist, ist deutlich günstiger, als abzuwarten, nichts zu tun und nachher hohe Preise zu zahlen. Lieber jetzt die Chance ergreifen und Maßnahmen, die ohnehin anstehen, richtig machen. Dadurch spart man langfristig. Zum Beispiel ist bei einer Fassadensanierung eine dickere Dämmung teurer, spart aber sofort Energie und ist günstiger, als in ein paar Jahren eine weitere Dämmung zu ergänzen. Oder sich jetzt schon mal mit einer neuen Heizung beschäftigen, bevor die alte Anlage komplett ausfällt und schnell etwas Neues her muss.“ Bei all dem gilt der Grundsatz: Jede bauliche Maßnahme, die jetzt umgesetzt wird, muss schon dem Standard für den Zeitpunkt entsprechen, zu dem man keine Treibhausgasemissionen mehr haben darf. Wenn das Ziel heißt, bis 2040 klimaneutral sein zu wollen, dann muss jede Maßnahme, die jetzt kommt, so gestalten, dass sie zu diesem Ziel passt. Wird beispielsweise ein Dach saniert, dass 40 Jahre hält, wird es 2060 immer noch diesen Zustand haben. Deshalb ist jetzt bereits das Ziel im Blick.
Welche Fördermöglichkeiten gibt es?
Natürlich versteht Marie Vickus die Verunsicherung vieler Menschen, beispielsweise durch das geplante Heizungsgesetz oder die Strukturveränderungen im Bistum. Um selber in der Gestaltungshoheit zu bleiben, empfiehlt sie aber, nicht auf Vorgaben zu warten, sondern jetzt die Unterstützungsmöglichkeiten zu nutzen, die es schon gibt. Dabei ist beim kirchengemeindlichen Bestand wichtig, als erstes zu entscheiden, welche Gebäude langfristig für die pastorale Arbeit gebraucht werden.
Der zweite Schritt besteht darin, anhand des Energieverbrauchs oder vom Alter der Heizung her einen ersten Eindruck davon zu bekommen, was an dem Gebäude gemacht werden muss. Marie Vickus schlägt dazu eine geförderte Energieberatung durch qualifizierte und zertifizierte Energieberaterinnen und -berater vor, die sowohl Wohngebäude, als auch Nicht- Wohngebäude wie Pfarrheime oder KITAs vor Ort anschauen. Sie geben Empfehlungen, auf welchen Standard ein Gebäude gebracht werden kann und welche Schritte dazu nötig wären. Die Kirchenvorstände überlegen und entscheiden dann, welche Maßnahmen sie umsetzten wollen. Marie Vickus und die Bauabteilung des Bistums stehen dabei beratend zu Seite. Auch wenn es darum geht, etwas aus dem 1 Million Euro starken Energiefonds des Bistums Aachen für pastoral genutzte Gebäude zu beantragen oder zu ermitteln, welche Mittel beim Bund, beim Land oder bei lokalen Förderprogrammen vorhanden sind. Marie Vickus schaut gerne mit, wie die energetischen Baumaßnahmen durch Finanzierungen noch ergänzt werden können.
Beispielsweise durch ein Zusatzprogramm für Klimaneutrale Pfarrheime und Gemeindezentren im Bistum Aachen, welches im Pastoralen Raum ein Gebäude mit bis zu 80 Prozent Förderung auf den Stand der Klimaneutralität bringen kann. Für die geplanten rund 50 pastoralen Räume ist eine Budget von 25 Millionen Euro vorgesehen. Das heißt nicht, dass an den anderen Gebäuden nichts getan werden kann. Hier ist die Kombination aus Baumitteln und Energiefondsmitteln möglich.
Jedes Engagement ist wichtig
Wenn man auf das Umwelt- oder Klimaschutzthema in den Kirchengemeinden schaut, merkt man, dass es oft einzelne, engagierte Personen in den Kirchengemeinden gibt, denen das Thema am Herzen liegt. Marie Vickus ermuntert: „Wenn Sie vor Ort etwas für Klimaschutz, Biodiversität oder Nachhaltigkeit in Ihrer Kirchengemeinde machen möchten und Menschen finden, denen das auch wichtig ist und die Lust haben, das mit Ihnen gemeinsam zu machen, sollten Sie es anpacken! Es gibt neben den Bauthemen bereits unheimlich viele Ideen in den Kirchengemeinden von Blühwiesen und Nisthilfen über Urban Gardening und vieles mehr.“
Auch wenn der Schwerpunkt in Marie Vickus Arbeit auf baulichen Maßnahmen liegt, kann darüber hinaus alles, was an Ideen im Raum ist, gerne einmal mit ihr besprochen werden. Und wenn die Motivation vorhanden ist, etwas im Bereich Klimaschutz oder Nachhaltigkeit zu initiieren, aber die Ideen fehlen, ist Vickus auch ansprechbar.
Save the Date
Für Kirchenvorstände sind zur Zeit drei digitale Themenabende in Planung:
am 17., 24. und 31. Oktober zu den Themen Wärmepumpen im Bestandsbau, Nachhaltiges Temperieren von Kirchen und Photovoltaik.