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Gastbeitrag Bischof Dr. Helmut Dieser:Synodalitat ist wahrhaftig keine Nebensache

Das Wort Synodalität steht in der Gefahr zu einem Modewort zu werden. Alle benutzen es und finden es irgendwie gut oder zucken mit den Schultern. Wird es dabei nicht immer unschärfer? Was ist eigentlich damit gemeint?
Bischof Dr. Helmut Dieser
Datum:
3. Mai 2023

Seitdem Papst Franziskus davon spricht, der Wille Gottes für das dritte christliche Jahrtausend sei eine synodale Kirche, ist klar, dass es um nichts Nebensächliches gehen kann.

Nicht nur unser Bistumsprozess Heute-bei-dir, nicht nur der Synodale Weg in Deutschland, sondern auch der weltweite Synodale Weg und das Neue, das dabei gedacht und errungen wird, sollen und werden deshalb neue Erfahrungen damit möglich machen, was Synodalität meint und sein kann.

Das Thema geht wirklich alle Gläubigen an!

Denn es geht ja gerade darum, dass die vielen so verschieden geprägten Menschen die Kirche trotz aller Unterschiedlichkeiten oder sogar gerade in aller Vielfalt wieder deutlicher und zustimmungsfähiger als eine Kirche erfahren.

Mir jedenfalls tut es immer neu weh, wenn von der „Amtskirche“ gesprochen wird in Abgrenzung von der so genannten „Basis“ oder wenn Menschen aus der Kirche austreten, weil sie keinen inneren Einklang mehr mit ihr spüren können und lieber „draußen“ danach suchen.

Mir hilft ein Bild, das der Apostel Paulus entfaltet (vgl. 1 Kor 12-31): die Kirche ist wie ein lebendiger Leib, ein lebender Organismus.

Alle „Glieder“ des Leibes, alle Teil- und Subsysteme des Organismus, machen ihn lebendig, Überlebens- und handlungsfähig, aber nur in dauernden Wechselwirkungen.

Wer sagt, ich gehöre nicht dazu, steht in Gefahr, sich selbst abzuschnüren und zu verkümmern und damit auch den Organismus zu schwächen: Wer weggeht, fehlt!

Wer verdrängt oder überhört wird, darf trotzdem nicht aufgeben und schweigen, weil seine Signale Störungen und Gefahren für das Ganze markieren und abwenden können.

Wer sich stark und gesund fühlt, darf sich nie selbst genügen, denn nur Geben und Nehmen halten den gesamten Organismus im gesunden Gleichgewicht.

Das Bild ließe sich noch viel weiter ausfalten. Dass wir heute in nie zuvor erlebter Ernsthaftigkeit darüber nachdenken und erproben, was Synodalität ist, gibt uns die Chance, solch neue Erfahrungen damit zu machen, dass die Kirche wie ein lebendiger geistlicher Organismus ist. Es geht also um weit mehr als nur um Machtfragen, Gewaltenteilung oder Demokratisierung und um die Überwindung von Klerikalismus.

Es geht um den Einklang und den Zusammenklang. Der Leib, der wir als Kirche sind, ist ja der Leib Christi in der Welt: Zeichen dafür, dass Gott seinen Sohn in die Welt gesandt hat, Zeichen dafür, dass er auferstanden ist vom Tod. Und der Organismus, den Christus in uns allen und mit uns allen ausbildet, ist der Lebenszusammenhang mit Gott seinem Vater im Heiligen Geist, der uns ins göttliche Leben hineinnimmt, das in der Allerheiligsten Dreifaltigkeit unendlich und unzerstörbar ist.

Ich sage das ganz bewusst so feierlich, denn Synodalität ist wahrhaftig keine Nebensache, sondern wesentlich dafür, dankbar und vital in der Kirche zu leben und voranzugehen und Freude in die Welt zu tragen.

Lassen wir uns deshalb auf alle diese neuen Fragen ein, die das Thema uns stellt, und lassen wir uns auch neue Erfahrungen damit schenken: Gott selbst steckt dahinter - davon bin ich wirklich überzeugt!