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Was tun, wenn bei Seniorinnen und Senioren Kriegserfahrungen hoch kommen?

Marita Delheid
Datum:
5. Apr. 2022

Gemeindereferentin Marita Delheid spricht über ihre Erfahrungen und gibt Tipps für Angehörige

Marita Delheid ist seit 20 Jahren Gemeindereferentin in der GdG Aachen West, Pfarrei St. Jakob, und seit zwei Jahren mit der regionalen Altenseelsorge für den Bereich Aachen-Stadt beauftragt. Neben vielen Treffpunkten für Seniorinnen und Senioren vor Ort in den Gemeinden, gibt es sieben Begegnungszentren für Menschen der Generation 55 + in verschiedenen Trägerschaften mit täglich offenen Angeboten und Veranstaltungen für Interessierte. „Mit Ausbruch des Krieges wurde das Thema der eigenen Kriegserinnerungen aus Kinder- und Jugendtagen präsenter“, so die Altenseelsorgerin. Wobei es latent schon vor der Pandemie da gewesen sei. Viele ältere Menschen sagten damals bereits: „Das ist eine große Krise, die wir so auch noch nicht erlebt haben, aber wir haben schon ganz anderes überstanden und sind krisenerfahren.“ Da habe das Thema im Grunde schon begonnen, aber eher im Sinne einer Ermutigung: „Ihr Jüngeren braucht keine Angst zu haben, auch das wird vorübergehen; das kann man meistern.“

Das hat sich durch den Ukraine-Konflikt komplett verändert. „Jetzt fördern die aktuellen Ereignisse des Krieges die eigenen Erinnerungen zu Tage“, so Delheid. Einige Seniorinnen und Senioren würden diese Erfahrungen miteinander bei den Seniorentreffs teilen. Andere suchten eher das Einzelgespräch. Da entsteht natürlich die Frage: Wie geht man damit um? Eine Frage, die sich vielleicht auch vielen Angehörigen stellen, wenn ältere Familienmitglieder anfangen, von ihren Kriegserlebnissen zu erzählen. Denn gewisse Dinge sind in Familien bekannt, andere hören Angehörige jetzt zum ersten Mal.

Ein Rat: Erst einmal zuhören und nicht eingreifen!

Die Gemeindereferentin rät, zunächst einmal, nur zuzuhören und den alten Menschen erzählen zu lassen, ohne einzugreifen. Auch die Geduld zu haben und ein Gespräch nicht zu vermeiden - so nach dem Motto „Jetzt lass mal die alten Geschichten“ – sei sehr wichtig. Vielmehr ginge es darum, den Mut aufbringen, zuzuhören und, je nachdem was erzählt wird, Erzähltes auszuhalten und zu ertragen. „Viele alte Menschen berichten, dass sie sich mit ihrer Geschichte allein durch die bloße Aussprache schon ein wenig aussöhnen konnten.“ Wichtig für einen Zuhörenden sei es, nicht nachzubohren, sondern es bei dem zu belassen, was mitgeteilt werde. Auch wenn es vielleicht auf den ersten Blick unverständlich oder aus einem nicht bekannten Zusammenhang gerissen sei. „Vielmehr gehe es darum, dass Seniorinnen und Senioren das Erlebte überhaupt einmal ins Wort bringen können durch Geduld, Verständnis und Mitgefühl.“ Marita Delheid berichtet, dass auch in der Post-Kriegs-Generation, also in der jüngeren Seniorengeneration, die Kriegserfahrungen der Eltern und Großeltern wieder präsent würden. Einer Generation, die in Trümmern groß geworden sei oder nicht zum Spielen in den Wald durfte, weil dort noch Mienen sein könnten. Sie alle hätten in ihren Familien ganz unterschiedlich über Kriegserlebnisse gesprochen. Manche sehr offen, andere lückenhaft bis hin zur totalen Vermeidung.

Diese ganze Bandbreite erlebt Marita Delheid in ihrer Arbeit mit jüngeren und älteren Seniorinnen und Senioren. Im Austausch miteinander sieht sie die Chance, eigene Lücken zu füllen, eigene Erfahrungen durch Erlebnisse anderer oder weiterer Sachzusammenhänge zu ergänzen und anders zu verstehen.

Folgende Angebote in der Region Aachen Stadt / Land mit Gelegenheit zu Begegnung und Gespräch in der Gruppe, ggfs. auch zum Einzelgespräch, empfiehlt sie:

  • montags und donnerstags, 14.30-17.00 Uhr, Jakobushaus, Jakobstr. 143, 52064 Aachen: Ansprechpartnerin: Birgitt Valk, Diplompädagogin, b.valk-begegnungszentrum@gmx.de, Mobil: 0171-6020204
  • dienstags, 14.30-17.00 Uhr, Pfarrheim Heilig Geist, Körnerstr. 22a, 52064 Aachen, Ansprechpartnerin: Marita Delheid, Gemeindereferentin, Regionale Altenseelsorgerin Aachen-Stadt, Marita.Delheid@bistum-aachen.de, Mobil: 01575-0686979

Die Kontaktdaten weitere Regionaler Altenseelsorgerinnen finden Sie hier:

https://www.bistum-aachen.de/Lebensphase-Alter/Altenseelsorger_-innen/