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Bistum Aachen legt Bericht für die Weltbischofssynode vor: Wie verwirklicht sich das „gemeinsame Gehen“ im Bistum Aachen?

Das Thema Synodalität kommt gerade auf ganz verschiedenen kirchlichen Ebenen vor. „Es ist eine Zukunftsfrage für die Kirche, wie das ‚miteinander Beraten und Entscheiden‘ auf den verschiedenen kirchlichen Ebenen - von der Gemeinde vor Ort bis hin zur Weltkirchlichen Ebene – funktioniert,“ so Dr. Christian Schröder, Referent für Pastoralentwicklung im Bischöflichen Generalvikariat. Aus diesem Grund hat er den Auftrag bekommen, die Weltsynode zu begleiten und Informationen in die eine und in die andere Richtung weiterzugeben. Wir haben mit ihm über den Bericht zur Weltsynode gesprochen.
Dr. Christian Schröder
Datum:
20. Mai 2022

Welche Erfahrungen gab es bereits zum Thema Synodalität im Bistum Aachen?

„Mir war relativ schnell klar, dass das, was von Rom aus in der Vorbereitung auf die Weltbischofssynode angedacht worden ist, in Aachen schon lange passiert. Natürlich ist man sich in Rom darüber bewusst, dass über das Thema Synodalität nicht zum ersten Mal nachgedacht wird. Weltweit betrachtet gibt es Bistümer, in denen es schon viele Erfahrungen gibt. Diese sollen gesammelt und weitergegeben werden. Die Orte, an denen Synodalität noch nicht so im Blick ist, werden durch die Weltbischofssynode aufgefordert, sich damit noch einmal intensiv zu beschäftigen. In unserem Bistum haben wir bereits eine lange Geschichte zur Frage der Synodalität, die sich in einer sehr stark ausgeprägtem Gremienstruktur widerspiegelt. Viele Räte arbeiten seit langem an den Themen Beteiligung und Entscheidung und einige Gemeinden machen gute Erfahrungen mit alternativen Formen der Entscheidungsfindung.“

Inwieweit hat der „Heute bei Dir“-Prozess die Arbeit an dem Bericht beeinflusst?

„Zu Beginn des synodalen Gesprächs- und Veränderungsprozesses in unserem Bistum hat es eine breite Beteiligung und Befragung verschiedenster Menschen gegeben. Es wurden auch Menschen, die wenig oder gar nicht in der Kirche engagiert waren, danach gefragt, was sie über Kirche denken. Auf diese Erfahrungen konnte ich für den Aachener Bericht zurückgreifen. Eigentlich wäre eine solche Befragung und Beteiligung verschiedenster Menschen im vergangenen halben Jahr von Rom vorgesehen gewesen; andere deutsche Bistümer wie beispielsweise das Erzbistum Köln haben dies auch so umgesetzt.“

Wo sollte sich die Synodalität in der Umsetzung des Prozesses wiederfinden?

„Auf der Synodalversammlung wurde deutlich, dass der ‚Heute bei dir‘-Prozess noch nicht abgeschlossen ist und dass es auch während der nächsten Etappe der Umsetzung eine synodale Form geben muss, die schaut, ob dass, was umgesetzt werden soll, wirklich auch aus den Beschlüssen hervorgeht. Auch für weitere Entscheidungen bräuchte es ein solches Gremium. Nach der passenden Form wird nun gesucht, auch in Absprache mit den Räten. Der Synodale Weg möchte, dass solche synodalen Gremien in den Bistümern auf Dauer installiert werden. Da es einen Beschluss dazu noch nicht gibt, das Bistum Aachen für nächste Etappe der Umsetzung des Prozesses so etwas aber benötigt, stehen nun neue Überlegungen an. 

Ich bin zuversichtlich, dass es uns im Bistum gelingt, in diesem Thema weiterzukommen. Unabhängig davon, wie die Auswertung des Synodalkreises ausfallen wird. Diese Art des Vorgehens, des Ausprobierens verschiedener Methodiken und Wege, um zu Entscheidungen zu kommen, finde ich sehr zeitgemäß. Das macht mir Hoffnung für die Kirche im Bistum Aachen, weil sie dann in einen Erprobungsmodus kommt. Auf Diözesanebene machen wir da gute Schritte in der nächsten Zeit.“

Wie geht es mit dem Aachener Bericht nun weiter?

„Alle Diözesen auf der ganzen Welt haben ihre Berichte an die jeweilige Bischofskonferenz geschickt. Dort werden sie gesichtet und eine Synthese, ein gemeinsamer Bericht für die Deutschen Bistümer, erstellt. Bei der deutschen Bischofskonferenz erfolgt dies im Juni durch den ständigen Rat. Danach folgen Beratungen der Bischofskonferenzen auf kontinentaler Ebene. Ich gehe davon aus, dass gerade in Europa sehr unterschiedliche Akzente zu sehen sein werden. Und diese Diskussion, diesen Austausch darüber, wie die Situation der Kirche in den einzelnen Ländern ist und was dort als wichtig angesehen wird, braucht es. Im Herbst 2023 findet dann die eigentliche Weltbischofssynode statt.“

Was wird dort Ihrer Meinung nach passieren?

„Dort wird sich zeigen, dass es sehr unterschiedlichen Situationen in den verschiedensten Ecken der Weltkirche gibt. Und es steht im Grunde genommen die Frage im Raum, ob es nicht mehr regionale oder nationale Möglichkeiten geben muss, um auf besondere Situationen in bestimmten Ländern einzugehen. Muss es für alle gleich organisiert sein oder kann es unterschiedliche Formen von Synodalität geben? Die Kultur eines jeweiligen Landes, die Art des Umgangs und der Entscheidungsfindung sollte stärker ernst genommen werden. Auch wenn das ein langer Weg durch die Instanzen dieser Weltkirche wird. Aber diese Ausdauer muss man dann haben. Mit der Weltbischofssynode verbinde ich die Hoffnung, dass die Multipolarität der Weltkirche deutlich wird und das sich die Erkenntnis durchsetzt, dass das Handlungsmuster das 19 Jahrhunderts ‚Wir machen alles überall gleich‘ nicht mehr funktioniert. Ich bin gespannt, was bei der Synode raus kommt, ob es gelingt, dies unter den Bischöfen der Weltsynode zu erringen. Es gibt Verbindendes, völlig klar, alle sind katholisch, aber es gibt in der Konkretion auch unterschiedliche Wege.“ 

Wie ist es um die Synodalität in der Zukunft bestellt?

„Es wird wichtig sein, ob der Synodale Weg ein Erfolg wird. Und ob er Beschlüsse fasst, die im Rahmen der Kompetenzen der Bischöfe zu Veränderungen führen und damit ein starkes Zeichen für die Situation der Kirche in Deutschland setzen. Es muss bei bestimmten Themen Veränderungen geben. Sonst gibt es eine zu große Spannung zwischen dem, was an Pastoral dran ist und wie die Menschen da draußen die Kirche wahrnehmen.“

Aachen und der Synodale Weg

Die bereits gemachten Erfahrungen aus dem synodalen Gesprächs- und Veränderungsprozess greift Dr. Christian Schröder in dem zu verfassenden Bericht auf und beschreibt, wo das Thema Synodalität bereits überall vorkommt. Dazu gehört die lange Geschichte des Bistums mit synodalen Formen. Beispielsweise die Entstehung der „gemeinsamen Konferenz“ und der „gemeinsamen Versammlung“, die ein Aachener Konstrukt sind und aus bestimmten Anlässen heraus etabliert wurden. Die Aachener Räte, der Diözesanpastoralrat, der Priesterrat und der Diözesanrat der Katholiken, haben dazu gute ergänzende Hinweise gegeben. Auch die aktuellen Herausforderungen, Reaktionen und Erfahrungen, zum Beispiel aus dem Synodalkreis und der Synodalversammlung im noch laufenden „Heute bei dir“- Prozess, fließen in den Bericht ein. „Denn neue Herausforderungen brauchen immer wieder neue und weiterentwickelte Modelle,“ so Schröder. „Im Bistum Aachen sind wir auf der Suche, experimentieren und probieren wirklich aus, wie wir gemeinsam gehen können. So wie mit dem Synodalkreis. Das soll im Bericht schon deutlich werden.“ Auch wenn die Auswertung der Arbeit des Synodalkreises noch aussteht: Dass überhaupt ausprobiert wird, ist ein wichtiger Teil der Aachener Antwort auf die Frage aus Rom, wie „gemeinsames Gehen“ funktionieren kann. Konflikte und heftige Diskussionen inbegriffen, denn auch die gehören zum Ausprobieren dazu.

Darüber hinaus sieht Dr. Christian Schröder eine enge Verknüpfung zwischen den Fragen des Bistums Aachen und den Fragen des Synodalen Wegs. Denn das eine könne nicht ohne das andere gedacht werden; die Themen, die auf dem Synodalen Weg besprochen werden, seien für die Menschen im Bistum Aachen wichtig. Viele pastorale Themen aus dem „Heute bei dir“-Prozess könnten erst dann sinnvoll bearbeitet werden, wenn strukturelle Grundsatzfragen wie die Machtfrage oder die Stellung der Frau dort thematisiert würden. Durch die Missbrauchskrise verschärft, würden zudem viele darauf bauen, dass beim Synodalen Weg spürbare Veränderungen, besonders im Bereich der Beteiligung, erfolgen.

„Muss es nicht eigentlich mehr geben, als dass die Laien nur beraten können? Denn so ist es bisher, trotz der starken Stellung der Räte im Bistum Aachen.“ Es ist eine Beratung, auf die der Bischof hören kann, aber nicht hören muss.

„Natürlich stellt sich in diesem Zusammenhang auch die Frage nach der Legitimation, weil die bisherige Architektur von einer volkskirchlichen Logik ausgeht, die pastorale Landschaft sich aber verändert. Menschen suchen andere Orte, an denen sie sich kirchlich verwurzeln. Die Mitgliedschaft in der Kirche wird beweglicher, Menschen ordnen sich nicht mehr fest eine Gemeinde zu. Das ist eine doppelte Spannung. Einerseits braucht es eine intensivere Art der Beteiligung, der Beratung und Entscheidung, andererseits entsteht die Frage, wie sich das zusammensetzt und wie sich die Gestalt von Kirche im Bistum Aachen verändert.“

Über Dr. Christian Schröder

Seit Sommer 2021 ist Dr. Christian Schröder Referent für Pastoralentwicklung im Bischöflichen Generalvikariat. In seiner Arbeit geht es grundsätzlich darum, wie sich die Pastoral im Bistum Aachen zukünftig weiterentwickeln wird und zu schauen, welche gesellschaftlichen Veränderungen für die Pastoral von Bedeutung sind. Ein besonderes Augenmerk legt er dabei auch auf die digitale Entwicklung. Und auf alles was mit Innovation zu tun hat. Denn Christian Schröder ist in der Aus- und Fortbildung tätig, begleitet das Gründertraining und hat einen Arbeitsanteil an der Innovationsplattform.